Abb.: Das inHaus Duisburg des IMS der FhG kurz nach seiner Fertigstellung im April 2001.
Das inHaus-Zentrum der Fraunhofer-Gesellschaft ist eine thematisch und organisatorisch einmalige Innovationsinitiative. Hier werden in enger Kooperation mit Partnern aus Wirtschaft und Forschung neue integrierte und intelligente Prozess- und Systemlösungen mit neuen Nutzeffekten für BewohnerInnen und Wohnung wie auch für BetreiberInnen, InvestorInnen und AnwenderInnen von Nutzimmobilien entwickelt und erprobt. Besonderes Augenmerk in der Forschung wird auf die Kommunikation zwischen Geräten verschiedener Bussysteme (Gewerke) gelegt. Hier entwickelte Konzepte und Lösungen sind sowohl in der Wohnungswirtschaft als auch im privaten Bauen und Wohnen umgesetzt worden. In der Heimautomatisierungsforschung gewinnen so genannte Mehrwertdienste an Bedeutung: Ging es vor einigen Jahren noch darum, verschiedenste Geräte im Haushalt an ein Rechnersystem anzuschließen und dadurch fernzusteuern, wird die Integration der Geräte in ein Gesamtsystem wichtiger. So ist es bereits möglich, einen Mehrwert durch geschickte Verschaltung von Produkten verschiedener Hersteller zu erhalten. Durch den Einsatz eines Computersystems blinken bspw. Lampen im Wohnzimmer, falls jemand an der Tür geklingelt hat, oder es werden bei Verlassen des Hauses Geräte mit Gefahrenpotenzial abgeschaltet. Durch die vielfältige Vernetzung aller Computersysteme des inHauses können auch Szenarien verwirklicht werden, die für die Untersuchung von Teleheimarbeit sehr fruchtbar sein können.
Die soziologische inHaus-Forschung stellt für SoziologInnen einen herausragenden, in vielerlei Hinsicht einmaligen, Empirierahmen dar, um der Fragestellung über den Zusammenhang von Technik und virtuelles Arbeiten gerecht zu werden. In einer ersten und sehr spannenden Empiriephase, in der eine Woche lang (Juni 2006) ein Ehepaar testweise in dem inHaus gewohnt hat, konnten wir sieben Diplomarbeitsthemen unmittelbar in die Forschung einbinden und mit geeigneter Empirie versorgen, die ansonsten sehr schwer, teilweise gar nicht, hätte realisiert bzw. erhoben werden können. Auch ein nachgelagertes Lehrforschungsprojekt konnte mit dem reichhaltigen Datenmaterial für eine Sekundäranalyse ausgestattet werden. Die Themen der Diplomarbeiten unterscheiden sich zum Teil stark voneinander: Sie reichen von der Fragestellung, welche Bedeutung Technik bei der Strukturierung und Stabilisierung von Handlungsabläufen, Interaktionssequenzen oder auch größeren Handlungskontexten wie Alltag und/oder Teleheimarbeit spielt, bis hin zu Fragen nach der Akzeptanz und nach der Veränderung von Technik durch die NutzerInnen. Aber auch Themen, die sich mit Fragen rund um die Entstehungskontexte neuer Technologien und Innovationen beschäftigen sind bearbeitet worden. Hierbei geht es z.B. um mögliche Zukunftstrends und ihrem Potential im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch Teleheimarbeit oder allgemeiner der tendenziellen (Handlungsspielräume eröffnenden) Verschmelzung von Privatem und Beruflichem. Grob gesagt ist also eine breite Palette techniksoziologischer Themen im Rahmen dieser ersten Forschungskooperation bearbeitet worden: Technikfolgenabschätzung, Technikgenese- und Innovationsforschung, Szenarioforschung – aber auch Grundlagenforschung über die besondere Tauglichkeit bestimmter soziologischer Theorien hinsichtlich der Untersuchung hochtechnisierter sozialer Kontexte, also solcher Kontexte, die in unserer Gesellschaft immer öfter und in einem immer stärkerem Maße anzutreffen sind.
Im Juni 2006 fand die eigentliche Feldforschung statt. Wie bereits oben geschildert, lebte eine Woche lang ein Ehepaar in dem inHaus. Die zwei Probanden sollten dabei ihrem Leben wie gewohnt nachgehen und einer von beiden durch Teleheimarbeit von zu Hause aus (bzw. vom inHaus aus) seiner Beschäftigung nachgehen. Dies erforderte eine umfangreiche Abstimmungsarbeit mit den Probanden, der FhG aber auch unter den DiplomandInnen und ihren Themen. Das Vorhaben ist von Anfang an als Teamforschung angelegt und entsprechend durchgeführt worden. Das heißt, die DiplomadInnen sind an alle Planungs-, Abstimmungs- und Arbeitsschritte beteiligt worden.
Abb.: Diese Aufnahme ist ein Tag vor der Empiriephase entstanden. Im Wohnzimmer des inHauses findet mit einem Teil der DiplomandInnen eine letzte Besprechung über die Bevorstehende Feldphase statt.
Abb.: Neben der inHaus-Wohnhälfte befindet sich das inHaus-Labor. Hier haben die an der Forschung beteiligten StudentInnen während der Forschungswoche viele Stunden täglich verbracht. Auf diesem Bild sind zwei Studenten und der uns betreuende Informatiker der FhG (Peter Gabriel, links) zu sehen. Sie besprechen gerade einige Konfigurationen der inHaus-Einstellungen für die bevorstehende Forschungswoche.
Abb.: Diese Aufnahme ist während der Feldphase entstanden und zeigt einen Teil des Forschungsteams in der Labor-Hälfte des inHauses bei den Vorbereitungen zu einem der täglich durchgeführten qualitativen Interviews mit den Probanden.
Abb.: Auf diesem Bild beobachten – ebenfalls im inHaus-Labor – zwei DiplomandInnen gerade eine laufende Videoaufzeichnung (hier von einer der vier Außenkameras; in der Wohnhälfte des inHauses sind insgesamt neun Kameras – Wohnzimmer, Küche, Esszimmer, Arbeitszimmer – installiert worden). Mit diesen konnte (selbstredend nach Rücksprache und Einwilligung der Probanden) für bestimmte verabredete Zeitfenster täglich der Alltag der ProbandInnen aufgezeichnet und simultan von der Forschergruppe beobachtet werden. Die Beobachtungen und Aufzeichnungen sind neben vielen anderen Daten in die Analysen eingegangen.
Nach der einwöchigen, sehr intensiven Feldphase, während der täglich z.T. mehrere Arbeitsbesprechungen stattfanden, hat eine Umstellung von einer stark durch Gruppenarbeit geprägten Arbeitsweise zu einer eher individuellen, in der sich die DiplomandInnen stärker mit ihren jeweiligen Diplomarbeitsthemen beschäftigt haben statt gefunden.
Die inHaus-Forschung ist insgesamt sehr fruchtbar gewesen, sie hat über die bislang sehr zufrieden stellenden Diplomarbeiten hinaus, auch weitere Ergebnisse erzielt. Im Rahmen der vom Zentrum für interdisziplinäre Studien (ZIS) der Universität Duisburg-Essen veranstalteten Ringvorlesung „Mensch_Maschine@Soziales_Technisches“ ist das interdisziplinäre Forschungsvorhaben zwischen unserem Lehrstuhl und dem IMS der FhG vorgestellt worden (Abstract / Präsentation); am Institut für Soziologie der TU Darmstadt sind im Juli 2008 aus der inHaus-Forschung hervorgegangene, weiterführende Überlegungen hinsichtlich grundlegender Aspekte des Mensch-Technik-Verhältnisses vorgestellt worden (Präsentation). Außerdem ist für das IMS der FhG ein Usability Bericht zusammengestellt worden. Des Weiteren sollen alle sehr guten Diplomarbeiten in Form eines Working Papers (WPktS) auf den Lehrstuhlseiten vorgestellt werden und so einer breiteren Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Schließlich ist eine Buchpublikation erschienen, in der die Forschungsarbeiten dokumentiert und die Hauptergebnisse vorgestellt werden: